.... über Mini-PV-Anlagen

Wie können Mieter von einer Balkon-PV-Anlage profitieren? Welche technischen Voraussetzungen müssen erfüllt werden? Wer darf die Anlage in Betrieb nehmen?

Aktuell wird viel über sog. Balkon-Photovoltaik-Anlagen (Balkon-PV-Anlagen) oder Balkonkraftwerke gesprochen. Sie versprechen, die Energieautarkie in Haushalten zu erhöhen und dass Mieter an der Energiewende teilhaben können. Marktübliche Anlagen bestehen aus einem PV-Modul, einem Wechselrichter und einem Stecker zum Anschluss an das Stromnetz.
 
❯❯ GUT ZU WISSEN. Ein PV-Modul mit einer Leistung von 500 Watt erzeugt jährlich ca. 350-450 kWh – je nach Ausrichtung und jährlichen Sonnenstunden am Aufstellungsort. Einer 🔎 Hochrechnung des DKE zufolge reicht das aus, um 10% des Energiebedarfs eines 4-Personen-Haushalts zu decken. Für einen 2-Personen-Haushalt können bis zu 20% gedeckt werden.
Die Anlagen sind mit zwei unterschiedlichen Steckertypen verfügbar:
  • Mit SCHUKO-Stecker oder
  • mit Energiestecker.
Beide Steckertypen sind gesetzlich erlaubt. Ein im Wechselrichter der PV-Anlage verpflichtend integrierter NA-Schutz verhindert, dass am Stecker im ausgesteckten Zustand eine Spannung anliegt. Dies ist besonders für Anlagen mit SCHUKO-Steckern wichtig, da hier die Stifte des Steckers keinen Basisschutz aufweisen und dadurch leitfähige Anlagenteile direkt berührbar werden.
Die Anlagen selbst sind somit in beiden Fällen für Personen ungefährlich. Damit sind sowohl SCHUKO-Stecker als auch Einspeise-Stecker legal, allerdings sind nur Einspeise-Stecker konform mit aktuellen VDE-Normen. Um auf der sicheren Seite zu sein empfehlen wir immer eine normative Installation und daher für PV-Anlagen den Energiestecker.

Wer darf eine Balkon-PV in Betrieb nehmen?
 
Viele Hersteller versprechen eine „Plug&Play“-Lösung für die Installation der Anlage. Dies erweckt den Eindruck, dass jeder eine PV-Anlage anschließen kann. Besonders beim Kauf von Anlagen mit SCHUKO-Stecker ist die Gefahr groß, dass elektrotechnische Laien diese direkt über eine Haushaltssteckdose an ihr Haushaltsnetz anschließen.
Da sich durch den Anschluss einer PV-Anlage eine Nutzungsänderung (Energieeinspeisung statt Energiebezug) sowie eine Anlagenerweiterung ergeben, müssen bei der Inbetriebnahme die üblichen Prüfungen der DIN VDE 0100-600 durchgeführt werden. Der Eingriff in die Elektroinstallation ist daher ein klarer Fall für die elektrotechnische Fachkraft, die potenzielle Gefahren erkennen und beheben kann.
 
❯❯ EINZIGE AUSNAHME. Ist in der Wohnung bereits eine Energiesteckdose vorhanden, dürfen auch Laien eine Balkon-PV-Anlage bis maximal 600 Watt einstecken.
 
Was muss vor der Inbetriebnahme geprüft und angepasst werden?

Der Einsatz einer Balkon-PV macht eine Erstprüfung für den betroffenen Anlagenteil notwendig. Dabei werden die klassischen Schutzziele, wie Basisschutz (Isolierung), Fehlerschutz (automatische Abschaltung im Fehlerfall) und Personenschutz (FI und Überspannungsschutz) überprüft.
 
Generell kann gesagt werden, dass z.B. eine Elektroinstallation von vor 1973 erhebliche Mängel aufweist, die einer Installation einer Balkon-PV-Anlage im Weg stehen:

1. Die Verwendung der klassischen Nullung und damit einhergehend der fehlende Schutzleiter
2. Der fehlende FI-Schutz (Personenschutz)
3. Ggf. die Verwendung von Leitungen mit Ø 0,75mm² für bestimmte Stromkreise Auslegung der Schutzmaßnahmen (z.B. Sicherungen) für damalige Bedarfe
4.Fehlender Überspannungsschutz Typ 2 im Zählerschrank

Als Betreiber bietet sich daher ein eigener Stromkreis nur für die Balkon-PV-Anlage an. Dadurch kann der FI-Schutz für diesen Anlagenteil sichergestellt und die Überlastung aller Endstromkreise verhindert werden.
 
❯❯ ACHTUNG. Oftmals gibt es auf einem Balkon nur eine Außensteckdose. Das begünstigt die Verwendung von Mehrfach­steckern zur Einspeisung und gleichzeitig zum Beziehen von Strom. Durch jede Klemmstelle erhöht sich allerdings auch die Schleifenimpedanz und reduziert dadurch die Wirksamkeit der Schutzeinrichtungen.

Anpassungen beim Leitungsschutz

Es besteht die Gefahr, dass der Leitungsschutz durch die zusätzliche Einspeisung nicht mehr ausreichend funktioniert. Dies kann eine Beschädigung der Leitungen oder schlimmstenfalls einen Brand zur Folge haben. Deswegen sollte die Elektroinstallation von einer Fachkraft geprüft werden. Diese prüft, ob Leitungen und Leitungsschutz für die zusätzliche Einspeisung ausgelegt sind.
Die Gefahr besteht besonders dann, wenn energieintensive Dauerverbraucher im selben Endstromkreis wie die Balkon-PV-Anlage angeschlossen werden.
Beispiele
  • Heizlüfter oder Stromheizungen
  • Bautrockner
  • Direktladen von E-Auto über SCHUKO-Steckdosen
  • Elektrogrill
  • Energieintensive Küchengeräte (z.B. Thermomix)

Wird in einem Stromkreis der Strom der Balkon-PV-Anlage eingespeist und verbraucht, kann der Solarstrom durch den Sicherungsautomaten nicht erkannt werden.
Daraus resultiert, dass in diesem Endstromkreis ein Gesamtstrom (IG) fließen kann, der ich aus der Summe des maximalen Solarstroms (IPV) mit dem Nennstrom der vorgeschalteten Sicherung (IL) ergibt.

Beispiel
Wenn die Sicherung ein Standard-Sicherungsautomat mit 16 A Bemessungsstrom ist und die PV-Anlage 2 A generiert (ca. 500 W), kann der gemeinsame Stromkreis mit einem Gesamtstrom von 18 A belastet werden, ohne dass die Sicherung auslöst. In diesem Bereich ist der Überlastschutz daher unvollständig!

Nach Norm wird daher der Automat entsprechend kleiner ausgelegt. Das heißt, dass bei einem 1,5mm² Leitung anstatt eines B16-Automaten ein B13-Automat eingesetzt wird.

Anpassungen im Zählerschrank

Im Zählerschrank muss geprüft werden, was für ein Energiezähler verbaut ist. Bei alten Haushaltszählern ist oftmals keine Rücklaufsperre vorhanden. Wenn über diesen durch die PV-Anlage Strom ins öffentliche Netz gespeist wird, läuft der Zählerstand rückwärts. Dies kann rechtliche Folgen für den Betreiber der Anlage haben.
Über den Netzbetreiber kann ein geeigneter Zähler – meist ein Zweirichtungszähler – gegen eine höhere Jahresgebühr eingebaut werden. Dieser erfasst sowohl den Strom, der aus dem Verteilnetz in den Haushalt fließt als auch Strom, der vom Haushalt ins Netz eingespeist wird. Welcher Zähler eingesetzt wird, bestimmt der zuständige Netzbetreiber vor Ort. Auch ein Zwei-Richtungszähler ist geeignet. 

Checkliste zur Überprüfung der Elektroinstallation
  • Mind. 3x 1,5mm² NYM-J
  • Bemessungsstrom der Schutzeinrichtung auf Maximale Stromtragfähigkeit der Leitungen abgestimmt
  • FI bzw. FI/LS min. Typ A installiert 
  • Überspannungsschutz Typ 2 installiert 

❯❯ GUT ZU WISSEN. Der DKE hat zum Thema Mini-PV bzw. Balkon-Kraftwerk auch einen 🔎 Leitfaden erstellt. Diesen findest Du hier.

Fragen und Antworten
  • Darf ich als Mieter einfach eine Balkon-PV-Anlage aufstellen? 
Nein, die Installation kann untersagt werden. Das Amtsgericht Stuttgart hat z.B. geurteilt, dass der Vermieter mit triftigem, sachbezogenem Grund die Nutzung einer Solaranlage auf dem Balkon versagen kann, auch wenn diese baurechtlich zulässig, optisch nicht störend, leicht rückbaubar und fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache installiert ist sowie keine erhöhte Brandgefahr oder sonstige Gefahr von der Anlage ausgeht.
  • Für welche Baureihen ist der Nachweis erhältlich? 
Die Installation einer Balkon-PV-Anlage ist immer ein erheblicher Eingriff in die Elektroinstallation und mit einer Prüfung verbunden. Daher muss die Prüfung und Installation unabhängig der Baureihe immer durch eine Elektrofachkraft durchgeführt werden, um Gefahren zu vermeiden und versicherungstechnisch abgesichert zu sein.
  • Wo muss ich eine Balkon-PV-Anlage anmelden? 
Die Anlage muss bei zwei Stellen offiziell angemeldet werden: Beim zuständigen Energieversorger und im Marktstamm­datenregister der Bundesnetzagentur.
  • Kann ich mich mit einer Balkon-PV- Anlage versorgen, wenn das Stromnetz ausgefallen ist? 
Nein, das funktioniert nicht. Um den in Deutschland gültigen Produktnormen zu entsprechen, müssen alle Balkon-PV-Anlagen über einen NA-Schutz verfügen.
Damit werden gefährliche Spannung am Stecker im gezogenen Zustand und eine Einspeisung bei Netzausfall verhindert. Die PV-Anlage braucht also immer einen anliegenden Netzstrom, um Energie einspeisen zu können.​​​​​​​​

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